Die Annahme. dass die Gründung der Stadt um 1190 planmäßig durch den thüringischen Landgrafen Ludwig III: erfolgt sei, sollte bezweifelt werden.
Ich habe mich mit der einschlägigen Literatur beschäftigt und bin dort auf unbegründete Behauptungen über die Entstehung der Stadt Homberg an der Efze gestoßen.
Diese werden auch heute noch ungesehen in neuen Publikationen übernommen, obwohl es schon kritische Stimmen dazu gibt.
Gedanken über die Gründung der Stadt Homberg an der Efze
von Jens Stolzenbach (2022)
Vorwort:
Jeder, der seine Ahnen erforscht, wird sich auch mit der Geschichte der Region beschäftigen, aus der seine Vorfahren stammen. Man kommt nicht umhin, einschlägige Literatur[1] heran zu ziehen, um Ereignisse in der Genealogie mit der Lokalgeschichte in Verbindung zu bringen. In meinem Fall habe ich mich mit der Geschichte der Stadt Homberg an der Efze und seiner Umgebung beschäftigt und verschiedene Bücher gelesen, die sich mit der Geschichte der Stadt beschäftigen.
Seit dem 19. Jahrhundert findet man in den Büchern der verschiedenen Autoren immer die Meinung wieder, der Landgraf von Thüringen hat die Stadt Homberg an der Efze in dem Zeitraum zwischen 1190 und 1231 gegründet.
Lehrmeinung[2]
Aus der Tatsache, dass erstmals in einer Urkunde des Klosters Hersfeld aus dem Jahre 1162, ein Rentwig von Homberg erwähnt wird, ist auch ein „Platz Homberg“ genannt worden. Denn der Name wird als Herkunftsname klassifiziert.
Man geht davon aus, da im Jahr 1162 noch keine Stadt „Homberg“ südlich des Schlossberges vorhanden war, konnte sich Rentwig nur nach einer Burg auf den „Hohen Berg“ benennen. Rentwig von Homberg wird 1162 als „ministeriales“[3] des Kloster Hersfeld bezeichnet. Somit kommt man zu dem Schluss, dass der Abt der Reichsabtei Hersfeld der Lehnsherr dieser Burg war.
Es ist unbekannt, ob Rentwig diese Burg selbst auf eigenen Grund errichtete und diese dann dem Abt zu Lehen aufgelassen habe. Dies dürfte dann vor 1162 geschehen sein.
In einer Urkunde des Jahres 1189 wird Rentwig von Homberg als Zeuge für den Landgrafen Ludwig III. von Thüringen genannt und im Jahre 1192 zu den Leuten des Landgrafen gezählt. Somit gibt es keinen Zweifel, dass die Burg auf dem „Hohen Berg“ seit ca. 1190 im Besitz des Landgrafen von Thüringen war.
Im Jahre 1231 werden erstmalig Bürger der Stadt Homberg in einer Urkunde genannt. Die Stadt Homberg tritt als funktionierendes Gebilde schlagartig in das Licht der Geschichte. Die Gründung könnte somit nur in der Zeit zwischen 1190 und 1231 durch den thüringischen Landgrafen erfolgt sein.
Diesen, hier in groben Zügen dargestellten, Ablauf der Geschichte, findet man bei fast allen Ausarbeitungen und Veröffentlichungen, die sich mit der Gründung der Stadt Homberg an der Efze beschäftigen.
Doch ist der Verlauf der Geschichte in unserem Betrachtungsgebiet so richtig dargestellt?
Ich bin kein Wissenschaftler und ich kenne auch nicht alle Informationen aus den Dokumenten oder der Literatur zu diesem Thema, doch möchte ich hier auf die Unzulänglichkeiten einiger Autoren bei ihren Argumentationen eingehen und dadurch meinerseits zum Nachdenken über die Geschichtsauffassung im Zusammenhang mit der Gründung der Stadt Homberg anregen.
I.
Da uns keine Gründungsurkunde für die Stadt Homberg an der Efze bekannt ist, muss versucht werden, die Gründung der Stadt aus den Urkunden und schriftlichen Aufzeichnungen herzuleiten. Dazu ist es notwendig, die Bedeutung dieses Platzes bis zum 11. und 12. Jahrhundert zu betrachten.
Die natürlichen Gegebenheiten[4] unseres Betrachtungsgebietes ist hinreichend von verschiedenen Autoren beschrieben worden und bedürfen keiner weiteren Ergänzungen. Auch die Besiedlungs-geschichte[5] und der Siedlungsausbau soll hier nicht behandelt werden.
Der Platz[6] Homberg liegt in der Nähe des alten Siedlungszentrums des Volksstammes der Chatten, im Norden des heutigen Bundeslandes Hessen. Es ist ein Gebiet, das als Urhessisch angesehen wird. Die Eingliederung in das Frankenreich erfolgte wohl auf überwiegend friedlichem Wege.[7]
Hervorheben möchte ich die beherrschende Lage des Basaltkegels, des heutigen Schlossberges von Homberg, am Kreuzungspunkt zweier Altstraßen[8]. Einmal handelt es sich um die Fernstraße „Durch die Lange Hessen“. Diese verläuft von Treysa / Ziegenhain kommend über Frielendorf, überschreitet zu Füßen des Schlossberges das Flüsschen Efze und wendet sich dann weiter über Melsungen, Spangenberg in Richtung Thüringen. Sie ist ein Teil der bedeutenden europäischen Handelsstraße, die von Frankreich bis zum Baltikum führt. Im Mittelalter hatte sie große Bedeutung für den Warenverkehr zwischen den Messestädten Frankfurt und Leipzig. Die zweite Durchgangsstraße kommt von Hersfeld, verlässt bei Homberg das Bergland und wendet sich dann weiter über Fritzlar nach Paderborn.
In der, bei Fritzlar gelegenen, Büraburg errichtete im 8. Jahrhundert Bonifatius einen Missionsstützpunkt für Hessen und Thüringen und gründete dort später einen Bischofsitz. Durch das Vorrücken der Sachsen im 7. und 8. Jahrhundert nach Süden wurde unser Betrachtungsgebiet zunehmend zum gefährdeten Grenzgebiet des Frankenreiches.[9]
Schon im 8. Jahrhundert wurde ein Ort in unmittelbarer Umgebung von Homberg in einer Urkunde genannt. Es handelt sich um den Ort Mardorf, nördlich von Homberg an der Efze gelegen. In dieser Urkunde vom Jahre 782[10] schenkt Karl Der Große Güter dem Peter-Stift in Fritzlar, die er zuvor von Lullus, Erzbischof von Mainz und Abt von Hersfeld, erhalten hatte. Dabei schloss er die Kirche in dem Ort Mardorf bei der Weitergabe aus und behielt diese für sich.
Von der Forschung wird um Homberg ein fränkisch-karolingischer Fiskalbezirk vermutet[11]. Von einigen Forschern wird der Haupthof dieses Königsgutes im heutigen Stadtgebiet gesehen[12]. Zu diesem Hof gehörte offensichtlich auch der kapellenartige Bau, deren Mauerreste bei Grabungen in der Stadtkirche von Homberg 1961/62 gefunden wurden[13]. Der Bau dieser Kapelle wird vor dem Jahr 1000 datiert.
Betrachtet man nun die überregionale Bedeutung der Altstraßen, die Lage des Kreuzungspunktes am Fuße des Schlossberges und zieht man die berechtigte Vermutung eines Königsgutes bei Homberg hinzu[14], kann man mit großer Wahrscheinlichkeit die Befestigung des Basaltkegels annehmen[15]. Eine Befestigung des Berges würde wohl nicht nur als Fluchtburg bei kriegerischen Handlungen dienen. Diese wäre geeignet, den Kreuzungspunkt der Fernstraßen und deren Übergänge an der Efze zu kontrollieren. Des Weiteren wäre der militärische Schutz des Fiskalbezirks gewährleistet. Ob diese Befestigung schon zur fränkischen Zeit bestand, ist unbekannt. Doch spätestens im 8. Jahrhundert, während den Sachsenkriegen von König Karl, wäre eine Befestigung auf dem Berg erforderlich, als die Sachsen nach Süden vordrangen. Dies könnte aber nur bei Ausgrabungen auf den Schlossberg festgestellt werden.
So kommt man zu dem Schluss, auch wenn einzelne Annahmen nicht richtig sind, dass der „Platz Homberg“ in Mittelalter kein unbedeutender Platz war.
II.
Im Jahre 1162 wird ein Rentwig von Homberg in einer Urkunde des Kloster Hersfeld genannt[16].
Einen „Platz“ mit den Namen „Homberg“ muss es damals schon gegeben haben, um sich danach benennen zu können.
Heute wird von der Forschung nicht mehr bezweifelt, dass der Schlossberg, der „Hohe Berg“ frühzeitig befestigt wurde. Somit wird angenommen, dass Rentwig im Jahre 1162 auf der Burg auf dem „Hohen Berg“ wohnte und sich danach benannte![17]
Doch gab es vielleicht noch einen weiteren Ort mit dem Namen „Hohen Berg“?[18]
Wie oben ausgeführt, wird vermutet, dass im Bereich der heutigen Stadt Homberg an der Efze ein Königshof vorhanden war[19]. Dieser „Hof“ war zwischen den Jahren 900 – 1000 bedeutet genug, dass dort an Stelle einer hölzernen Kapelle, eine steinerne Kapelle errichtet wurde. Weitere Vorgängerbauten der heutigen Stadtkirche „St. Maria“ lassen den Schluss zu, dass am Fuße des „Schlossberges“ schon in der Mitte des 12. Jahrhunderts eine größere Siedlung bestand.
Bei den Ausgrabungen im Jahre 1961 in der Stadtkirche[20] wurde neben den Überresten der oben genannten Kapelle, Fundamente einer romanischen Basilika oder frühen Hallenkirche gefunden. Die aus der Untersuchung der Grabungsfunde und an dem heutigen Bauwerk gewonnenen Erkenntnisse kommen zu dem Schluss, dass die Basilika spätestens Mitte des 12. Jahrhunderts errichtet wurde. Nach einem Bergrutsch wurde ein Nachfolgebau im 13. Jahrhundes neu noch im romanischen Stiel errichtet und im 14. Jahrhundert zu einer Hallenkirche umgebaut. Berücksichtigt man die Größe der romanischen Kirche von ca. 3000 Stehplätzen, so scheint ein Bedarf für die Errichtung dieses Baues vorhanden gewesen zu sein, denn die Kosten und Anstrengungen für solch ein Vorhaben waren nicht gering.
Und könnte diese Siedlung nach dem „Hohen Berg“ oder nach der auf dem Berg befindlichen Burg benannt worden sein? Denn die im Jahr 1231 auftauchende Stadt tat dies!
Somit könnte Rentwig auch in der Siedlung am Fuße des Berges gewohnt haben.
Warum nannte sich Rentwig und sein Geschlecht nach dem „Platz“ Homberg, war er Besitzer des Hofes oder gar der Burg auf dem „Hohen Berg“?
Auf Grund der wenigen schriftlichen Quellen, wird heute von der Forschung behauptet, dass Rentwig die Burg auf eigenen Grund errichtet und später dem Abt von Hersfeld zu Lehen aufgelassen habe. Von den Forschern wird nicht bezweifelt, dass im 12. Jahrhundert der Abt von Hersfeld die Lehnshoheit über die Burg auf dem „Hohen Berg“ hatte.[21]
Das vor dem Jahre 1162 der „Edelfreie“ Rentwig, oder seine Vorfahren, an solch einem, wie oben erläutert, bedeutenden Ort, ohne Zustimmung oder Auftrag der „Großen“ dieses Gebietes, eine Burg, auch auf eigenen Grund, errichten konnte, ist nicht anzunehmen.
Dies bezweifelt auch Ernst Werner Magdanz in seinem Aufsatz über die Stadt Homberg und die Grafen von Reichenbach. Er verweist auf die damaligen Möglichkeiten kleiner Dynastien, Burgen und Herrensitze zu errichten. Dem Charakter nach sieht er die Burg „Hohen Berg“ für die Landesverteidigung bestimmt. [22]
Das Geschlecht der Edel von Homberg wird zu den freien Geschlechtern unseres Betrachtungsgebiets gezählt[23], die in der Urkunde des Jahres 1107[24] aufgezählt werden. Einige Autoren sehen in dem Rentwig, der in der Urkunde von 1107 genannt wurde, auf Grund der „auffälligen“ Namensgleichheit mit dem später genannten Rentwig von Homberg, einen Vorfahren von diesem[25]. Doch schon B. Helbig weist darauf hin, dass der Name Rentwig auch bei anderen Familien unseres Betrachtungsgebietes vorkam.[26]
Auch wenn wir Rentwig von Homberg und sein Geschlecht zu den alteingesessenen Edelfreien zählen, finden wir ihm nur als Zeugen für Rechtshandlungen anderer. Die „Bedeutung“ einer Person wird in Urkunden durch die Reihenfolge bei der Aufzählung der anwesenden Zeugen dokumentiert. Nicht die Häufigkeit in den Urkunden, sondern die Position bei der Nennung, belegt seinen Rang. Darum kann ich die Aussage von Karl Heinemeyer nicht nachvollziehen, wenn er durch die häufige Nennung in Urkunden, einen bedeutenden Einfluss dieser Familie in Homberg sieht.[27]
Aber warum benannte sich Rentwig „von Homberg“? Wir wissen es nicht.
Bernhard Helbig fand heraus, dass bei denen, sich nach Orten unseres Betrachtungsgebietes benennenden, alteingesessenen Familien im frühen Mittelalter, keine Beziehungen zu diesen Orten festzustellen sind.[28]
In den Urkunden von 1170[29] und 1179[30] wird Rentwig unter den „ministeriales“ des Klosters von Hersfeld benannt. In den Urkunden der Jahre 1182[31], 1184[32], 1185[33] und 1186[34] wird er vor den „ministeriales“ aufgeführt. Im Jahr 1189[35] wird Rentwig erstmalig in einer Urkunde des Thüringischen Landgrafen Ludwig III. als Zeuge genannt. Danach erscheint er in den Jahre 1190[36] und 1197[37] nochmals als Zeuge in Urkunden des Abtes Siegfried von Hersfeld und 1195[38] in einer Urkunde des Erzbischofs von Mainz für das Kloster Aua (Abt ist Siegfried von Hersfeld).
Im 11. Jahrhundert wird der Begriff „Ministerialen“ als Bezeichnung für eine privilegierte Gruppe „unfreier“ Dienstmannschaften verwendet.[39]
Rentwig wird zwar in den Urkunden als Ministeriale bezeichnet, doch ist er zweifellos kein Unfreier, was meist auch als Leibeigner angesehen wird. Vielmehr sehe ich ihm als „Abhängigen“ des Abtes, ein Verhältnis, dass er wahrscheinlich freiwillig eingegangen ist. Wir würden heute sagen, er ist ein Dienstverhältnis eingegangen, er ist ein „Beamter“ des Abtes.
Im Jahr 1162 wird er zu den „laici“ gezählt, was so viel wie Laie (Ungebildeter) heißt, er zählt nicht zu den „clerus“, den Gebildeten. Es ist somit kein Abhängigkeitsverhältnis bekannt. Ab 1170 wird er unter den Ministerialen, genauer als „ministeriales nostre ecclesie“ aufgezählt, was so viel wie „Diener unserer Kirche“ heißt. Und 1179 wird er auch unter den Ministerialen genannt, aber mit dem Zusatz „liber homo“, dies heißt „ein freier Mann“!
Ab dem Jahr 1182 wird er vor den Dienstmannschaft aufgeführt, ohne dass ein genaues Verhältnis zur Abtei erkennbar ist. Erst im Jahr 1186 wird er wieder zu den freien Männern („liberi homones“) des Abtes („homines nostri“ - unseren Leuten) aufgeführt. In der Urkunde des Erzbischofs von 1195 wird er zu den Männern des freien Standes („libere conditionis homines“) gezählt.
Nur im Jahr 1192[40] wird Rentwig von Homberg eindeutig unter den Leuten des Landgrafen von Thüringen („lantgravii liberi homines““) genannt.[41]
Die Feststellung von Karl Heinemeyer[42], dass von Standes wegen, Rentwig von Homberg, zu jener alten Schicht Freier zu rechnen, ist durchaus richtig, obwohl ich seine Argumentation nicht folge. Denn in keiner Urkunde wurde Rentwig als „Unfrei“ bezeichnet.
Seine „Abhängigkeit“ vom Abt könnte davon herrühren, dass er zu der Burgbesatzung gehörte, die mit dem militärischen Schutz dieses Platzes beauftragt war.[43]
Vor dem Jahr 1182 könnte er vielleicht mit einem „Burgsitz“ auf der „Hohen Burg“ belehnt sein und wurde somit Lehnträger. Eine Hypothese, die nicht bewiesen werden kann. Doch war er mit großer Wahrscheinlichkeit nie Besitzer der Burg.
Die Annahme, der Lehnsherr der Burg war im 12. Jahrhundert der Abt von Hersfeld[44], ist wohl so richtig. Aber nicht auf Grund der Abhängigkeit des Rentwig von Homberg vom Abt von Hersfeld. Nicht das Lehnsverhältnis zwischen Rentwig und dem Abt begründet den Besitz des Klosters über die Burg, sondern der Besitz der Burg begründet die Abhängigkeit des Rentwig vom Abt von Hersfeld.
Aber wie kommt man dann zu der abwegigen Annahme, dass mit der zweimaligen Nennung des Rentwig von Homberg als Zeuge des Landgrafen von Thüringen, wobei er definitiv nur einmal als „Mann des Landgrafen“ bezeichnet wurde, der Besitz der Burg vom Abt von Hersfeld zum Landgrafen von Thüringen überging![45] Zumal das Geschlecht von Homberg bis zu seinem Aussterben immer wieder als Zeugen in den Urkunden der Abtei von Hersfeld auftauchen.[46]
Des Weiteren ist bezeugt, dass die Freiedlen von Homberg aktiv gegen den Landgrafen kämpften und später unterlagen.[47]
Über einen Besitzwechsel der Burg schweigen aber die Quellen. Ein Einwand den auch B. Helbig in seiner Arbeit anführt, wenn er schreibt, die Errichtung der Burg könnte erst unter den Landgrafen erfolgt sein, da ein Abtreten der Lehnshoheit über die Burg doch irgendwie urkundlich nachweisbar sein müsste.[48]
Bei K. Heinemeyer lesen wir, dass spätestens mit den Urkunden des Landgrafen aus dem Jahre 1231[49] und 1233[50] bewiesen ist, dass der Platz Homberg mit der Burg und der Stadt dem Landgrafen von Thüringen gehörte[51]. Doch wie schon E. Magdanz in seinem Aufsatz darstellte, haben diese Urkunden ihre Schönheitsfehler[52]. In der Urkunde von 1231 heißt es „Actum apud Hoenberg“ (geschehen zu Homberg). Und wie E. Magdanz feststellte, werden keine „Homberger“ als Zeugen genannt, was darauf schließen lässt, dass dem Landgrafen die Stadt verschlossen bliebe[53]. Trotzdem zieht Heinemeyer diese Urkunden heran, um zu beweisen, dass der Landgraf Stadtherr von Homberg war. Bekräftigen will er dies mit der Feststellung, dass im ersten Stadtsiegel (bekannt seit 1240) auch ein Löwe (landgräflichen Löwen) als Wappentier geführt wird.[54]
Auch die zwei Urkunden aus den Jahren 1180 - 1189[55] mit Privilegien des Landgrafen Ludwig III. für das Kloster Spieskappel, beweisen nicht seine Machtausübung in unserem Betrachtungsgebiet. In der Urkunde über Zoll- und Abgabenbefreiung werden keine Orte unseres Gebietes genannt. In der zweiten Urkunde verzichtet der Landgraf auf Rechte aus Einnahmen als Vogt des Peterstiftes in Fritzlar.
Es kann angenommen werden, dass die Landgrafen von Thüringen als Grafen von Hessen bestrebt waren, ihr Machtbereich auch nach Homberg an der Efze auszudehnen, doch war ihr Einfluss vor dem Jahre 1231 nicht so groß, dass sie als Gründer der Stadt Homberg angesprochen werden können.
Doch wer hat die Stadt gegründet?
In einer Urkunde aus dem Jahr 1231[56] bezeugen zahlreiche Personen, die unter anderem als Bürger von Homberg (in Honberch burgenses) bezeichnet werden. Damit wird erstmals eine Stadt Homberg erwähnt, denn man kann nur Bürger einer „Stadt“ Homberg sein. Über den genauen Gründungsakt ist nichts überliefert, somit auch nichts über den Gründer der Stadt.
Betrachten wir uns die Urkunde eingehender. Darin beurkunden die Grafen von Ziegenhain mehrere Gütererwerbungen des Kloster Spieskappel. In einer weiteren Urkunde des Jahres 1231[57] beurkundete der Graf von Reichenbach für das Kloster Haina. Als Zeugen treten die schon in der vorgenannten Urkunde aufgeführte Bürger (burgenses) auf, ohne dass sie als Homberger Bürger bezeichnet werden.
In beiden Dokumenten wurden Vertreter eines Grafengeschlechtes genannt, die für unser Betrachtungsgebiet mehr Bedeutung hatten, als von vielen Autoren zugebilligt wird. So spricht Heinemeyer diesem Grafengeschlecht jegliche Beziehungen zu den Homberger Urkundenzeugen und ihren Lehnsherren, dem Abt von Hersfeld, ab, da die Grafen sich nur des Homberger Stadtgerichts bei ihren Akten der freiwilligen Gerichtsbarkeit bedienen.[58]
Wie schon E. Magdanz feststellte, wird auch heute noch die Bedeutung der Grafen von Reichenbach – von Ziegenhainer nicht nur für unseren Betrachtungsgebiet ignoriert.[59]
III.
Versuchen wir etwas genauer die Situation in Niederhessen im 11. und 12. Jahrhundert zu betrachten.
Wie schon oben erläutert wird bei Homberg Königsgut vermutet. Auch die Reichtsabteien Fulda und Hersfeld, die Klöster Haina, Spieskappel und der Peterstift in Fritzlar waren im Hessengau durch Schenkungen reich begütert.
Die fränkische/karolingische Markverfassung sah für die Kirchlichen Grundherren einen Vertreter vor, der alle weltlichen Dinge im Auftrage der Kirche oder Klöster erledigte. Diese Vögte wurden für jeden Gau von den Grundherren ausgewählt oder vom König bestimmt. Später wurde dieses Amt erblich und die Klöster konnten ihre Vögte nicht mehr frei wählen. Bei den Eigenkirchen übten die Stifter und ihre Erben die Vogteirechte aus.
Auch weltliche Grundherren bestimmten, für ihre von ihnen weit entfernten Güter, Vögte.
Seit postkarolingischer Zeit lag der Hessengau im Einflussbereich des Adelsgeschlechtes der Konradiner. Mit der Zerschlagung der Vorherschafft der Konradiner wurde der fränkische Hessengau in mehrere Grafschaften aufgeteilt. Im nördlichen Teil des fränkischen Hessengaues entstand die Grafschaft Maden / Gudensberg des Geschlechtes der Wernergrafen. Dieses wurden im Jahre 1121 durch das Grafengeschlecht der Gisonen des Lahngaues, ein mit den Wernergrafen eng verbundenen Adelsgeschlecht, beerbt. Auf Grund der Heirat mit der Erbtochter der Gisonen, erbte der erste Landgraf von Thüringen im Jahre 1137 viele Rechte, die vor ihm die Gisonen und die Wernergrafen innehatten. Unter anderem die Vogtei über das Kloster Hersfeld.
Doch muss man sich Hessen nicht als geschlossenes Machtgefüge vorstellen. Im fränkischen Hessengau konkurrierten mehrere Grundherren um die Vorherrschaft. Die Reichsabteien Fulda und Hersfeld sowie das Erzbistum von Mainz versuchten hier ihr Machtbereich auszudehnen und sich von der Abhängigkeit zu ihren Vögten zu lösen, da durch Aufkommen der Vererbbarkeit des Amtes, kirchliches Eigentum entfremdet wurde. So bestand im Homberger Gebiet ein Kampf zwischen dem Erzbistum Mainz, der Reichsabtei Hersfeld und der Landgrafschaft Thüringen, der auch mit militärischen Mittel ausgefochten wurde.[60]
- Helbig nennt für den Anfang des 11. Jahrhundert eine Grafschaft im nördlichen Hessengau des Wernergeschlechtes. Gleichzeitig taucht südlich davon die Grafschaft Ziegenhain auf, die aus der Grafschaft Rudolfs hervorgegangen sein soll.[61]
Das Wernergeschlecht nannte sich unter anderem Grafen von Maden, Grafen von Gudensberg und Grafen von Hessen. Die Grafen hatten das Amt des Erzbannerträgers des deutschen Königs inne.[62]
Bei dem von B. Helbig genannten Grafen Rudolf kann es sich um denselben handeln, in dessen Grafschaft die Güter des Edlen Kunemund lagen, die er bei der beurkundeten Schenkung des Jahres 1107[63] an das Kloster Hersfeld übergab. Neben den schon genannten Rentwig, vermuteter Vorfahre des Rentwig von Homberg, wird als erster Zeuge Gozmar junior genannt. Gozmar junior ist der Sohn von Graf Gozmar senior, der sich seit 1089 Graf von Reichenbach nannte[64]. Dieser hatte noch einen Sohn mit Namen Rudolf. Könnte dieser der in der Urkunde von 1107 genannte Graf Rudolf sein? Denn nur so lässt sich die Anwesenheit seines Bruders Gozmar bei der Güterweitergabe an die Abtei erklären.
Dieses schon im 8.Jahrhundert aufgetretene Geschlecht von fränkischen Amtsgrafen war schon früh in unserem Betrachtungsgebiet reich begütert. Durch ihren Allod- und Lehnsbesitz sowie ihrer Vogteirechten baute die Gesamtfamilie ein Herrschaftsgebiet auf, von dem im 15. Jahrhundert auf Grund von Abspaltung[65] und Verlust von Rechten die Grafschaft Ziegenhain nur noch übrigblieb, die dann von den Landgrafen von Hessen vereinnahmt wurde.
Nachvollziehbare Argumente für die Bedeutung der Grafen von Reichenbach in unserem Betrachtungsgebiet finden wir in der Ausarbeitung von E. Magdanz.[66]
Zu Beginn seiner Ausführungen bemängelt er, dass bei vielen Autoren keine Trennung bzw. Differenzierung der beiden Grafenlinien Ziegenhain und Reichenbach erfolgt[67]. Ich möchte auf die Genealogie der Grafen von Reichenbach nur soweit eingehen, um die Teilung der Familie und deren Folgen in der Historie auf zu zeigen.
Nach den Tod Gozmar I., der 1108[68] als Dom Vogt von Fulda erwähnt wurde, wird sein Besitz auf seine Söhne aufgeteilt. Sein Sohn Rudolf I. erhielt die Besitzungen im Stammland um Reichenbach und Hessisch-Lichtenau sowie an der Werra. Sein Sohn Gozmar II. erhielt den Besitz um Ziegenhain. Den Anteil seines jüngsten Sohnes Poppo I. ist nicht bekannt. Doch nach dem Tod von Rudolf I. beerbte er seinen älteren Bruder, der 1123 kinderlos starb.
Der Familienzweig der Grafen von Ziegenhain hatte bis kurz vor seinem Aussterben, das Amt der Hochvogtei vom Kloster Fulda inne[69]. Die Reichenbacher Linie besaß mit spätestens Graf Poppo I. seit 1138[70] das Amt des Untervogtes vom Kloster Hersfeld. Graf Poppo I. war seit 1141 Graf von Hollende, Burggraf von Amöneburg und seit der Heirat mit Bertha[71], Graf von Felsberg. Es werden ihm große Besitzungen um Homberg und Hessisch-Lichtenau, sowie Jesberg, Haina, Wildungen, Bruslar und Frankenberg zugeschrieben. Diese Aussage finden wir auch bei Helbig wieder[72], wenn er unter anderem schreibt, dass der Kern der Grafschaft Rudolf im Gebiet der späteren Grafschaft Ziegenhain zu suchen ist.
Viele dieser Rechte und Besitzungen gingen dem Familienzweig im Laufe der Geschichte verloren[73], so dass der letzte Graf von Reichenbach 1273[74] resigniert und sich ins Württembergische zurückzog.
Die Selbstständigkeit der Grafschaft Ziegenhain bestand bis 1450, dem Todesjahr Johann II. des letzten Grafen von Ziegenhain.
Die Aussage von B. Helbig, dass die Verlehnung Hersfelder Zehnte zum überwiegenden Teil durch „Ziegenhainer“ Hand geht[75], bestätigt E. Magdanz in seiner Arbeit, indem er die Urkunden für unseren Betrachtungsgebiet dahingehend nennt und die Lehnstufen aufführt[76]. Wobei er herausstellt, dass die „Ziegenhainer“ im späteren Amt Homberg die „Reichenbacher“ waren. Seine Feststellung, dass die Landgrafen im 13. Jahrhundert, in der Vergabe von Hersfelder Lehnen in unserem Betrachtungsgebiet nicht in Erscheinung traten, kann nur bedeuten, dass die Landgrafen von Thüringen nicht den Einfluss in unserem Betrachtungsgebiet hatten, der gern gesehen wurde. Die bei B. Helbig festgestellte sehr enge Beziehung des Grafen von „Ziegenhain“ (Reichenbach) zum ansässigen Adel wurde dadurch dokumentiert.[77]
Nun wissen wir, dass die Landgrafen von Thüringen die Vogteirechte über das Kloster Hersfeld von dem Geschlecht der Gisonen geerbt hatten. Graf Poppo I. von Reichenbach war Untervogt des Klosters von Hersfeld. Da der Landgraf bei der Vergabe von Rechten in unserem Gebiet nicht in Erscheinung tritt, kann auch keine Abhängigkeit des Untervogtes vom Hoch Vogt bestanden haben[78].
So wird berichtet, dass sich der Landgraf Ludwig und der Graf Heinrich Rufus von Reichenbach bei ihrem gemeinsamen Zug nach Fulda nicht wie Schützer und Verteidiger verhielten, sondern wie Gegner."[79]
Aber warum zwei Vögte in einem Gau? Dies kann nur bedeuten, dass unterschiedliche rechtliche Voraussetzungen für die Vogtei bestanden haben, die es notwendig machten, zwei unabhängige Vögte für das Kloster Hersfeld einzusetzen. Und diese Rechtsgrundlage des Untervogtes war so stark, dass sie nicht ohne weiteres von Landgrafen von Thüringen beseitigt werden konnte, obwohl er 1131 in den Reichsfürstenstand erhoben wurde.
Nur die Macht des deutschen Königs war dazu in der Lage.
Die Argumentation von E. Magdanz über die Ausdehnung des Machtbereiches des Grafengeschlechts der Ziegenhainer und Reichenbacher zum Beispiel über die Verbreitung des „Homberger“ Getreidemaßes oder der Nennung der „Homberger“ Währung weit über die Grenzen unserem Betrachtungsgebietes hinaus, kann sich keiner entziehen[80]. Auch die Feststellung, dass die späte Nennung der Sondermaße nur bedeuten kann, dass verschiedene Machtbereiche zusammengeführt wurden. Denn im „Machtbereich Homberg“ ist es nicht notwendig, auf das „Homberger Maß“ hinzuweisen, es gab nur ein vorgeschriebenes Maß im Machtbereich.
Seine Ableitung von den Ausstellungsorten der Urkunden des Grafen von Reichenbach, zu seinem Wohnort, hat seine Überzeugungskraft[81]. Die Grafen von Reichenbach wohnten auf der Burg Homberg, denn nur so ein bedeutendes Geschlecht konnte über seinen solch bedeutenden Platz herrschen.
Weiter folge ich auch der Hypothese des E. Magdanz über die Ursachen des Machtverfalls der Grafen von Reichenbach bis zu seiner Resignation[82] und die schon bei B. Helbig genannte Annahme von G. Frh. Schenk zu Schweinsberg [83], der Landgraf von Thüringen hat die Burg von den Grafen von „Ziegenhain“ (Reichenbach) erworben, überzeugt mich mehr, als die oben genannte Lehrmeinung.
Schluss
Bevor ich zum Schluss meiner Ausführung meine Hypothese zur Stadtgründung von Homberg an der Efze zur Diskussion stelle, möchte ich feststelle, dass die früheren Autoren wie Landau, Wenck u.a. nach Ihren Quellenlagen ihre Argumentation zur Geschichte aufgebaut hatten und viele ihre eigenen Interpretationen darin einfließen ließen. Auch wenn in der Arbeit von Helbig nach meiner Auffassung einige Annahmen falsch sind, hat er andere Meinungen genannt und diese so zur Diskussion gestellt. In vielen Punkten folge ich den Hypothesen des E. Magdanz, die er in seiner Arbeit zur Diskussion stellte.
Für mich hat sich die Geschichte in unserem Betrachtungsgebiet in etwa so zugetragen:
Auf Grund der topografischen-strategischen Bedeutung unseres Platzes wurde der Basaltberg frühzeitig befestigt. Wenn der Berg nicht schon zu Zeiten der Chatten als Grenzbefestigung diente, war er doch im Rahmen des fränkischen Siedlungsausbaues befestigt worden, um das Königsgut und die wichtige Straßenkreuzung zu schützen. Doch spätestens mit dem Vorrücken der Sachsen nach Süden war eine Befestigung notwendig Die Burg war eine Königsburg!
Durch die Eingliederung der Kirche zu Mardorf in sein Königgutes von Homberg, durch Karl der Große im Jahre 782, ist die Bedeutung des Platzes Homberg im Mittelalter gut dokumentiert.
Lange Zeit wurde der Hessengau durch das Geschlecht der Konradiner beherrscht.
Nach Zerschlagung der Vorherrschaft der Konradiner im Hessengau wurde der sächsische Teil abgespalten und der fränkische Teil in mehrere Grafschaften aufgeteilt. Es Entstanden die Grafschaften der Werner, der Gisonen und eine Grafschaft Rudolf. Sowohl das Wernergeschlecht als auch das Grafengeschlecht der Gisonen sollen mit den Konradiner verwand gewesen sein[84]. Daraus erklären sich die enge Verbundenheit der beiden Grafengeschlechter und die Tatsache, dass die Gisonen das Grafengeschlecht der Werner im Hessengau beerbten. Nach dem Aussterben der Gisonen beerbten diese die späteren Landgrafen von Thüringen, die Ludowinger. Die Rudolfische Grafschaft wird von vielen Autoren nicht erwähnt oder ignoriert, da dies nur aus den Dokumenten und Urkunden erschlossen werden kann. Es wird vermutet, dass die Grafschaft Ziegenhain aus der Grafschaft Rudolf hervorging.
In der Urkunde des Jahres 1107 schenkt der Edelfrei Kunemund dem Kloster Hersfeld, in Anwesenheit des Vogtes des Klosters, Graf Giso, Güter in drei Grafschaften. Es handelt sich um jene Urkunde, in der auch der vermutete Vorfahre des Rentwig von Homberg genannt wird. Darin wird einerseits die Grafschaft Rudolf genannt, des Weiteren wird ein Gozmar „junior“ als erster Zeuge aufgeführt.
Bei den Grafen Rudolf handelt es sich vermutlich um Rudolf I., Sohn von Graf Gozmar I. von Reichenbach. Er ist der Bruder von Gozmar II. (junior) von Reichenbach, der als Zeuge genannt wird. Er könnte für den nicht anwesenden Grafen Rudolf als Vertreter der Familie fungieren. Wenn es einen Grafen junior gab, muss es auch einen Grafen senior gegeben haben. Graf Gozmar I. starb erst 1118, das Todesjahr von Rudolf I. wird mit 1123 angegeben. Sie waren aber nicht anwesend. Könnten sie, zur Heerfolge verpflichtet, bei den Feldzügen des Kaisers gegen Polen, Böhmen und Ungarn gewesen sein?
Die Vorfahren der Grafen Gozmar wurden schon im 9. Jahrhundert in Hessengau erwähnt, als sie Güter an das Kloster Hasungen gaben. Vermutlich saßen sie schon zurzeit von König Pippin als Amtsgrafen auf der späteren Burg Reichenbach.
Nicht nur das vermutete Gut bei Homberg, sondern auch andere urkundliche Zeugnisse zeigen uns, dass in Niederhessen Königs bzw. Reichsgut vorhanden war[85]. Die deutschen Könige der Salier waren bestrebt nach einer Periode der schwachen Königsmacht und Erstarkung des Landesadel, ihre Machpositionen zu stärken und „entfremdete Güter“ zurückzuerlangen. Dabei setzten sie auf treue Vasallen und auf die Reichs-Ministerialen. Heinrich III. und sein Sohn setzten auch auf die Ergebenheit der Kirchenfürsten. So wird der Übergang der Königsstadt Fritzlar an den Erzbischof von Mainz in der Regierungszeitzeit Heinrich IV. und Erzbischof Siegfried I. angenommen.
König Heinrich III. oder sein Sohn übergaben im 11. Jahrhundert Reichsgut an die Reichsklöster Fulda und Hersfeld und bestimmte unter anderen die späteren Grafen von Reichenbach und Ziegenhain zu ihren Vögten. So ist zu erklären, dass die Abtei Hersfeld im Jahr 1107 im Besitz der früheren königlichen Kirche in Mardorf erscheint. [86]
Nach seiner Flucht aus der von dem sächsischen Adel belagerten Harzburg nach Kloster Hersfeld, traf sich Kaiser Heinrich IV. südlich von Homberg, bei Frielendorf, mit dem fränkischen Adel und ihrem Aufgebot. Es war für ihn sichere Grund, sein Grund und der Grund seiner Vasallen.
Zum Konzil von Gerstungen 1072/74 wurden 12 Zeugen aus unserem Betrachtungsgebiet von König Heinrich IV. bestimmt [87]
Am 26.07.1184, beim Hoftag zu Erfurt, wo ein Streit zwischen dem Landgrafen von Thüringen und den Erzbischof von Mainz durch den Deutschen König Heinrich VI. geschlichtet werden soll, kam Gozmar III. Graf von Ziegenhain beim Erfurter Latrinensturz ums Leben. Die Anwesenheit des Grafen von Ziegenhain bei diesem Hoftag zeigt, dass es sich bei dem Streit auch um Angelegenheiten in Hessen handelte.
Zum vermuteten Zeitpunkt der Gründung der Stadt Homberg an der Efze „herrschten“ die Grafen von Reichenbach über den Platz am „Hohen Berg“. Ob sie das Gründungsrecht vom König erwirkten, oder der Abt von Reichskloster Hersfeld oder der Erzbischof von Mainz als Reichsfürst den Gründungakt betrieb, ist unbekannt. Der Landgraf von Thüringen war es mit großer Sicherheit nicht!
Da im Zusammenhang mit der Gründung der Stadt keinerlei Auseinandersetzungen zwischen den konkurrierenden Mächten bekannt ist, auch keine Siedlung in der Umgebung durch die Stadtwerdung wüst wurde, kann vermutet werden, dass alle Mächte diesen Akt zustimmten oder duldeten.
Oder aber es existierte bereits eine Siedlung, der das Stadtrecht verleihen wurde!
Der Platz des heutigen Stadtgebietes ist vermutlich schon vor dem 8 Jahrhundert bewohnt. Darauf weisen die Namen der umliegenden Orte hin, die im Zusammenhang mit dem fränkischen Siedlungsausbau entstanden sind.
Nehmen wir die Erkenntnisse aus der Grabung in der Stadtkirche von Homberg hinzu, so kann man begründet annehmen, dass vor dem 9. Jahrhundert an Stelle der heutigen Kirche eine hölzerne Kapelle stand. Diese wurde vor dem Jahre 1000 durch eine steinerne Kapelle ersetzt.
Im 12 Jahrhundert war es notwendig, an Stelle der Kapelle, eine romanische Basilika zu bauen, die ca. 3000 Personen Platz bot. Nach einem Einsturz der Kirche und Wiederaufbau im 13. Jahrhundert, wurde die Kirche in der ersten Hälfte des 14. Jahrhundert zu einer Hallenkirche umgebaut. Für die Menschen war dieser Patz sehr wichtig, denn die Kirchen wurden immer genau auf derselben Stelle errichtet.
So ist zu vermuten, dass im 12. Jahrhundert eine größere Siedlung, nicht nur ein Wirtschaftshof, am südlichen Fuß des Schlossberges bestanden hat, die das Stadtrecht zur unbekannten Zeit erhalten hatte.
Und zuletzt noch ein Punkt, der zur Diskussion gestellt werden sollte.
Die Vermutung, bei der in der Urkunde von König Konrad III. des Jahres 1146[88] genannte Stadt Homberg, es handelt sich nicht um Homberg / Ohm, sondern doch um Homberg / Efze, ist nicht abwegig. Die als Zeugen genannten Grafen von Ziegenhain und von Reichenbach sprechen dafür. Und wie oben erläutert, existiert zu dieser Zeit am Fuße des Schlossberges eine Siedlung, die eine Kirche mit 3000 Stehplätzen hatte.
Literatur:
Helfrich Bernhard Wenck, Hessische Landesgeschichte mit Urkundenbuch, Band 1- 1783, Band 2- 1789, Band 3 - 1803
Georg Landau, Homberg in Niederhessen, in Die Hessischen Ritterburgen und ihre Besitzer, 4. Band 1839
Bernhard Helbig, Das Amt Homberg an der Efze – Ursprung und Entwicklung, in Schriften des Instituts für geschichtliche Landeskunde von Hessen und Nassau, 17., Marburg 1938
Dr. Fritz Luckhard, Homberg von den Anfängen bis 1648, Homberg 1953, überarbeitet von Dr. Hermann Grebe, Homberg 1984
Dr. Otto Bramm, Bericht und Ergebnisse einer Grabung in der Stadtkirche zu Homberg 1961/62, in Homberg Hefte, Beiträge zur Heimatgeschichte und Familienkunde, Heft 20, Homberg 1978
Ernst Werner Magdanz, Die Stadt Homberg an der Efze und die Grafen von Reichenbach, in Homberger Hefte, Beiträge zur Heimatgeschichte und Familienkunde, Heft 22, Homberg 1980
Karl Heinemeyer, Homberg in Hessen in Hessische Forschung zur geschichtlichen Landes- und Volkskunde, 14, Kassel 1986
Martin Röhling, Die Geschichte der Grafen von Nidda und der Grafen von Ziegenhain, in Niddaer Geschichtsblätter Heft 9, Nidda 2005
[1] Literaturaufstellung siehe am Ende dieses Beitrages
[2] Diese frühzeitig aufgestellte Argumentationsfolge findet man heute bei vielen Autoren, die diese unkritisch in ihren Arbeiten als Beweis anführen, ohne neue Anhaltspunkte und Fakten in ihren Betrachtungen einzubeziehen bzw. zur Diskussion zu stellen.
[3] lat. „ministeriales“; Plural: die Ministerialen; Singular: der Ministeriale (abgeleitet von ministrare =dienen) = die Diener, ein im (ursprünglich antiken kaiserlichen) Dienst stehender Beamter. War es ursprünglich Unfrei, so änderte sich diese Abhängigkeit über Leben und Gesundheit ab zur wirtschaftlichen Abhängigkeit.
[4] G. Landau, Beschreibung des Hessengaus, 1857; K. Heinemeyer, Homberg in Hessen, S. 7
[5] K. Heinemeyer, Homberg in Hessen, S. 9f
[6] Mit Platz spreche ich hier ein Gebiet an, dass den Schlossberg, das Stadtgebiet von Homberg und die nähere Umgebung dieser umfasst, ohne genaue Standorte zu nennen.
[7] K. Heinemeyer, Homberg in Hessen, S. 9
[8] K. Heinemeyer, Homberg in Hessen, S. 8
[9] K. Heinemeyer, Homberg in Hessen, S. 10f
[10] H. B. Wenck, Hessische Landesgeschichte II.UB S. 10 Nr.7
[11] B. Helbig, Amt Homberg; S. 15f; K. Heinemeyer, Homberg in Hessen, S. 12
[12] G. Woff, Fränkisches Königsgut in Kurhessen … in B.Helbig, Amt Homberg, S.17, Anm.11)
[13] Dr. O. Bramm, Bericht und Ergebnisse einer Grabung in der Stadtkirche zu Homberg 1961/62, in Homberger Hefte Beiträge zur Heimatgeschichte und Familienkunde, Heft 20, Homberg 1978
[14] K. Heinemeyer, Homberg in Hessen, S. 11 mit Anm. 25
[15] B. Helbig, Amt Homberg, S.37f; E. Magdanz, Die Stadt Homberg … die Grafen von Reichenbach, S. 17
[16] H. B. Wenck, Hessische Landesgeschichte III.UB S. 75 Nr.76
[17] K. Heinemeyer, Homberg in Hessen, S. 17
[18] Hier ist nicht Homberg / Ohm gemeint, ein Ort, der in einer Urkunde des Jahres 1146 genannt worden sein soll !?!, wo König Konrad III. der Abtei Hersfeld die Hälfte seines Allodiums in Homberg schenkte, s. B. Wenck II UB S97 Nr. 68
[19] K. Heinemeyer, Homberg in Hessen, S. 10f; B.Helbig, Amt Homberg, S.17, Anm.11)
[20] Dr. O. Bramm, Bericht und Ergebnisse einer Grabung in der Stadtkirche zu Homberg 1961/62, in Homberger Hefte Beiträge zur Heimatgeschichte und Familienkunde, Heft 20, Homberg 1978, S.34ff
[21] B. Helbig, Amt Homberg, S.25; K. Heinemeyer, Homberg in Hessen, S. 16, 17
[22] E. Magdanz, Die Stadt Homberg an der Efze und die Grafen von Reichenbach, S. 17ff
[23] K. Heinemeyer, Homberg in Hessen, S. 16
[24] H. B. Wenck, Hessische Landesgeschichte II.UB Nr. 45
[25] K. Heinemeyer, Homberg in Hessen, S. 14 mit Anm. 53
[26] B. Helbig, Amt Homberg, S.25 Anm. 81)
[27] K. Heinemeyer, Homberg in Hessen, S. 15
[28] B. Helbig, Amt Homberg; S.32f
[29] H. B. Wenck, Hessische Landesgeschichte III.UB S. 77 Nr.79
[30] H. B. Wenck, Hessische Landesgeschichte III.UB S. 79 Nr.80
[31] Ausf. StA Marburg, Urk. Stift Hersfeld, 1182, ungedruckt
[32] H. B. Wenck, Hessische Landesgeschichte III.UB S. 84 Nr.85
[33] H. B. Wenck, Hessische Landesgeschichte III.UB S. 85 Nr.86
[34] H. B. Wenck, Hessische Landesgeschichte III.UB S. 86 Nr.87
[35] Dobenecker, Regesta Thuringiae 2, Nr. 831
[36] Ausf. StA Marburg, Urk. Stift Hersfeld, 1190, ungedruckt
[37] H. B. Wenck, Hessische Landesgeschichte III.UB S. 91 Nr.93
[38] Dobenecker, Regesta Thuringiae 2, Nr. 991
[39] Siehe Anmerkung zu 3
[40] Dobenecker, Regesta Thuringiae 2, Nr. 897
[41] Siehe auch dazu E. Magdanz, Die Stadt Homberg … die Grafen von Reichenbach, S.18
[42] K. Heinemeyer, Homberg in Hessen, S. 16
[43] E. Magdanz, Die Stadt Homberg … die Grafen von Reichenbach, S. 17
[44] K. Heinemeyer, Homberg in Hessen, S. 16; B. Helbig, Amt Homberg, S.25
[45] K. Heinemeyer, Homberg in Hessen, S. 18
[46] B. Helbig, Amt Homberg, s. Anm. 88; F. Luckhard, Homberg von den Anfängen bis 1648, S. 16ff
[47] Dr. F. Luckhard, Homberg von den Anfängen bis 1648, S.17f
[48] B. Helbig, Amt Homberg, s. Anm. 11 a. S.38
[49] Posse 1,2 Nr.441
[50] H. B. Wenck, Hessische Landesgeschichte III.UB S. 150 Nr.114
[51] K. Heinemeyer, Homberg in Hessen, S. 21
[52] E. Magdanz, Die Stadt Homberg … die Grafen von Reichenbach, S. 11ff
[53] E. Magdanz, Die Stadt Homberg … die Grafen von Reichenbach, S. 19
[54] E. Heinemeyer, Homberg in Hessen, S. 21
[55] Ausf. StAMarburg UK Kl. (Spies) Cappel; K. Heinemeyer, Homberg in Hessen, S. 19f
[56] C.F. Ledderhose, Kleine Schriften 3, Anhang 1, Nr.7, S.196
[57] E. G. Franz, Kloster Haina, Regesten und Urkunden, 1
[58] K. Heinemeyer, Homberg in Hessen, S. 21
[59] E. Magdanz, Die Stadt Homberg … die Grafen von Reichenbach, S. 2ff
[60] Dr. F. Luckhard, Homberg von den Anfängen bis 1648, S.17f
[61] B. Helbig, Amt Homberg, S. 12ff
[62] Erzbannerträger ist eines der sieben Erzämter, die später die Kurfürsten innehatten
[63] H. B. Wenck, Hessische Landesgeschichte II.UB S. 54 Nr.45
[64] K. Demandt: Geschichte des Landes Hessen. S. 175, 204 f., 319
[65] E. Magdanz, Die Stadt Homberg … die Grafen von Reichenbach, S. 13ff
[66] E. Magdanz, Die Stadt Homberg … die Grafen von Reichenbach, S.1ff
[67] E. Magdanz, Die Stadt Homberg … die Grafen von Reichenbach, S. 7f u. S.12f
[68] K. Demandt, Die Geschichte Hessen, S. 204
[69] Fridrich-Wilhelm Witzel, Die Reichsabtei Fulda und ihre Hochvögte, die Grafen von Ziegenhain, S. 20ff
[70] M. Röhling, Die Geschichte der Grafen von Nidda und der Grafen von Ziegenhain, S.19ff
[71] Bertha von Felsberg ist Erbtochter des Grafen Felsberg
[72] B. Helbig, Amt Homberg, S. 12ff
[73] Siehe Anmerkung zu 65
[74] M. Röhling, Die Geschichte der Grafen von Nidda und der Grafen von Ziegenhain, S.25
[75] B. Helbig, Amt Homberg, S. 13
[76] E. Magdanz, Die Stadt Homberg … die Grafen von Reichenbach, S. 2ff
[77] B. Helbig, Amt Homberg, S. 14
[78] E. Magdanz, Die Stadt Homberg … die Grafen von Reichenbach, S. 18
[79] W. Heinemeyer, Chronica Fuldensis, 1976 S.29f
[80] E. Magdanz, Die Stadt Homberg … die Grafen von Reichenbach, S.1f u. S.23f
[81] E. Magdanz, Die Stadt Homberg … die Grafen von Reichenbach, S. 7ff
[82] E. Magdanz, Die Stadt Homberg … die Grafen von Reichenbach, S. 16
[83] B. Helbig, Amt Homberg, S. 14
[84] Wenck
[85] B. Helbig, Amt Homberg, S. 15ff
[86] K. Heinemeyer, Homberg in Hessen, S. 12f
[87] Dr. O. Bramm, Bericht und Ergebnisse einer Grabung in der Stadtkirche zu Homberg 1961/62, S. 34; seine Quellen sind zurzeit noch unbekannt
[88] H. B. Wenck, Hessische Landesgeschichte II.UB S. 97 Nr.68